Hohenloher Puppentheater
02.10.2016 – Neubornhalle Wörrstadt
Text: Ulla Grall · Bilder: Eberhard Gladrow
In der Neubornhalle ist es dämmrig, die Kulisse auf der Bühne schimmert in grünlichem Licht. Stimmengewirr, Gezappel. Viele der Kinder haben auf Kissen unmittelbar vor der Bühne Platz genommen, während die Muttis und Papas weiter hinten sitzen. Der “Kleine Vampir” besucht Wörrstadt und alle wollen die Aufführung des Hohenloher Figurentheaters erleben. “Geht´s jetzt endlich los?”
“Noch drei Minuten” kündigt Bürgermeister Ingo Kleinfelder an und fordert auf: “Wer jetzt noch mal schnell auf die Toilette muss…”
Gemeinsam mit dem Kulturkreis hat die Stadt Wörrstadt zu diesem zauberhaften Nachmittag eingeladen und die Neubornhalle ist ausverkauft.
Das Licht geht aus, “Ah!”, sofort herrscht Stille, das Spiel beginnt. Antons Eltern gehen ins Kino, wie jeden Samstag: Anton, allein zuhaus‘. Er liest für sein Leben gern gruselige Geschichten, aber er hat keine Angst. Oder doch? Die Uhr schlägt elf, da erscheint der kleine Vampir. 176 Jahre ist er alt. “Ich heiße Rüdiger”, stellt er sich vor.
Die Kids im Saal sind wie gebannt. Für viele sind die Protagonisten des Theaterstücks alte Bekannte. Nach dem Buch von Angele Sommer-Bodenburg haben Johanna und Harald Sperlich die Geschichte von Anton und seinem Freund, dem kleinen Vampir Rüdiger, für ihr Puppentheater umgesetzt.
“Seit 41 Jahren sind wir gemeinsam Puppenspieler”, erzählen die beiden nach der Aufführung. Und sie waren dies bereits vorher. “Wir sind alle beide in Puppenspieler-Dynastien hineingeboren.”
Sechzehn Stücke hat das Hohenloher Figurentheater im Programm, “davon sechs für Erwachsene”. Die Sperlichs geben den “Faust” nach historischer Überlieferung ebenso wie den “Besuch der alten Dame” von Dürrenmatt und das junge Publikum begeistern sie mit “Frau Holle”, dem “Kleinen Muck” oder “König Sofus und das Wunderhuhn”, mit dem sie 2010 beim Wiesbadener Puppenspielfestival den ersten Platz erringen konnten.
Aus etwa 200 Puppen besteht ihr Fundus an hölzernen Akteuren. Geschnitzt und bekleidet werden die Puppen von Barbara und Günter Weinhold, Theaterfigurenbauer aus Berlin. Arme, Beine und Charakterköpfe sind aus Lindenholz geschnitzt und bemalt, die Kleidung fantasievoll genäht. Geführt werden die hölzernen Schauspieler dieser Aufführung mit zwei Händen, eine bedient dabei auch den Mechanismus des Kinns, die die Mimik der Puppen so lebendig macht. “Sie sind wie Faden-Marionetten, nur ohne Fäden”, erklärt Sperlich.
Aus der Weinhold’schen Werkstatt stammt auch die raffinierte Drehbühne für die Aufführung des “Kleinen Vampir”. Ein Dreh nach links: Antons Zimmer, ein Dreh nach rechts: das Wohnzimmer von Antons Eltern, ein weiterer Dreh: der Friedhof und die unheimliche Gruft derer von Schlotterstein.
Natürlich spielt Rüdigers gruselige Familie mit: die kleine Schwester Anna, die noch Milch trinkt, der große Bruder Lumpi und die bedrohliche Tante Dorothee. Grade die Figur der gräulich-grausligen Tante hat es vielen Kindern besonders angetan.
Zeitweilig sind bis zu sechs “Personen” gleichzeitig auf der Bühne. Eine Herausforderung für die zwei Puppenspieler, die ihren “Schauspielern” Hände und Stimme leihen und auch die Eltern von Anton verkörpern: mit Halbmasken verwandeln sie sich in Mit-Akteure ihrer Puppen. Das Ergebnis: einfach magisch.