(Allgemein Zeitung Alzey 24.08.2019)
Von Ulla Grall (Foto: BilderKartell/Axel Schmitz)
WÖRRSTADT-ROMMERSHEIM – „Ein Stück, das in den 80er Jahren Furore machte“, kündigt Birgit Gladrow an. „Es ist für dieses Jahr die dritte und letzte Veranstaltung, hier in der Scheier 1664“, sagt die Vorsitzende vom Wörrstädter Kulturkreis. Im kommenden Jahr geht es mit „Kultur in der Scheier“ natürlich weiter. Hausherr Uwe Carjell, als „Scheier-Besitzer“ immer in der ersten Reihe der Zuschauer, freut sich auch heute über „volles Haus“.
Das Bühnenstück von Albert Ramsdell Guerney handelt von einem Briefwechsel der besonderen Art. Melissa, Tochter aus gutem – und reichem – Hause und Andrew, Andy genannt, gehen in eine Klasse, sie lädt ihn zu ihrem Geburtstag ein. Zwischen den Kindern gehen erste Briefe hin und her. Jedes sitzt an seinem Schreibtisch, liest die Botschaft des anderen – so bleibt es das ganze Stück über.
Doch Marie-Luise Thüne und Rudi Lucas begnügen sich nicht damit, die Texte einfach vorzulesen. „Beim Theater will der Zuschauer auch etwas sehen“, erklärt Thüne nach der Vorstellung. „Darum haben wir das Ganze zu einer szenischen Lesung gemacht.“ Mit einem Minimum an Requisiten führen sie ihr Publikum durch ein halbes Jahrhundert Lebens- und Schreibzeit. Thüne ist die kleine Melissa, mit Rattenschwanz-Zöpfen, Kaugummi kauend und rotzfrech. Andy ist von Anfang an der Zurückhaltendere. Zwar zoffen sie sich per Brief, aber für ihn ist Melissa „die Prinzessin von Oz“. Er gesteht: „Eigentlich denke ich immer an dich.“ Von den Eltern in eine Klosterschule verbannt, schreibt Melissa: „Komm und rette mich.“ Auch Andy wurde ins Internat geschickt, muss Gedichte lernen, sie will lieber von seinen Gefühlen lesen. Er wünscht sich ein Bild von ihr, sie antwortet: „Du bekommst eines an Weihnachten, wenn ich meine Zahnspange draußen habe.“
Gallery Fotos von Eberhard Gladrow