Foto: BilderKartell/Axel Schmitz
WÖRRSTADT – Rotes Bühnenlicht, wogender Klang, die Drum setzt ein, die Beats werden härter, Reiner Winterschladen greift zur Trompete, Beifall brandet auf. So beginnt das Konzert der Nighthawks in der Neubornhalle. Und vom ersten Takt an fangen ein paar Zuhörer auch schon an zu tanzen. Andere begnügen sich mit Headbangen. Aber ganz still sitzen kann keiner im Saal.
Apropos Sitzen – die Neubornhalle, eigentlich ein bisschen zu groß für das Konzert, ist „kompromiss-bestuhlt“. Ein Teil Sitzgelegenheiten im mittleren Teil, nach hinten Stehtische und vor der Bühne eine ausreichend große Fläche zum Tanzen. Wobei die ersten Tanzenden den Ärger eines Zuhörers erregen, der sie auffordert, doch bitte aus dem Blickfeld zu gehen: „Ich will die Band sehen.“
„Wir haben letzte Woche in Aschaffenburg das Jahr 2019 eingeläutet“, sagt Dal Martino „In Wörrstadt sind wir zum ersten Mal.“ Der Bassmann hat die „Nighthawks“ gemeinsam mit Winterschladen vor mehr als 20 Jahren gegründet. Mit Thomas Alkier am Schlagzeug, Jörg Lehnhard an der Gitarre und Keyborder Jürgen Dahmen hat sich nun ein adäquates Quintett gebildet, das den vor zwei Jahrzehnten definierten Sound in die heutige Zeit transportiert. Großartige Musiker allesamt, was sich auch in den Soli zeigt. Multiinstrumentalisten, wie Dahmen, der gelegentlich zur Bongo wechselt und sich mit Alkier percussionistische Streitgespräche liefert, die die Zuhörer zu Jubel hinreißen. Martino selbst, mit bürgerlichem Namen Volker Vassen, nicht nur Musiker, sondern auch Produzent, der lange in den USA lebte und Inspiration aus den Gegensätzen seiner Lebenswelten bezieht. Winterschladens Soli an Trompete oder Flügelhorn werden immer wieder mit enthusiastischem Beifall gefeiert.
In wechselnder Besetzung und mit Special Guests haben sich Winterschladen und Martino eine Fangemeinde erspielt, von der nicht wenige den Weg in die Neubornhalle gefunden haben. Das Quintett ist auf Tour, um das neueste Album vorzustellen: „707“. Der Titel bezieht sich auf die Boeing 707, der Flieger steht als Symbol für den Zeitgeist der 60er und 70er Jahre. „Die großen Bands aus den USA kamen mit dieser Maschine nach Europa“, erklärt Martino im Interview nach dem Konzert. „Dieses Flair einzufangen, darum ging es auf der neuen CD. Und generell geht es viel ums Reisen.“
Eine Reise ist es denn auch, auf die die Nighthawks ihr Publikum mitnehmen. Der erste Titel spielt in Frankfurt, der zweite in Florida. Es geht nach Norwegen, Mexiko und Kalifornien. „Viele unserer Stücke handeln von Straßen“, so Martino. Die lange Straße, an der er lebte, brachte ihm die Inspiration zu einem Stück „das etwas länger ist“, im typischen Nighthawks-Sound, mit Dialogen zwischen Orgel und Gitarre, hämmernden Beats, den begeisternden Trompeten-Soli. Es muss eine recht lebhafte Straße gewesen sein.
Rückgriffe auf die acht Vorgänger-CDs wechseln mit Stücken aus der aktuellen„707“. „Blue Steel Silver“ waren die Farben der Boeing, Martinos Sprechgesang erinnert an die Ansagen auf Flughäfen. Aus der „707 Suite“ stellen die Musiker einen Ausschnitt vor, der wiederum korrespondiert mit der „Bronco Suite“ von der ersten CD der Gruppe, an Spanien erinnernd, aus der ebenfalls ein Teil vorgestellt wird. „NuJazz“ nennt die Band ihre Musik. Eine Fusion aus Rock, Jazz, Pop, Electronic, mit Einflüssen von Weltmusik – eigentlich nicht zu definieren, aber immer unverkennbar Nighthawks.